Vitrinengäste (2000-2001)

 

Oliver Möst hat 40 Künstler und Künstlerinnen eingeladen, sich selbst in einer gläsernen Vitrine zu inszenieren. Seine Vitrinengäste sind Kurzbesucher. Ihre Anwesenheit verstreicht, nur einige Bilder bleiben. Entstanden sind farbige Portraits, die die Personen als Künstler vorführen. Möst, der sich in diesem Projekt als Podium versteht, fotografiert die künstlerischen Gesten, Blicke, Berührungen, die das Glas auffängt und das Auge der Kamera.
Er notiert die Begegnungen in einem freien und zugleich begrenzten Raum. Die Vitrine wird zu einem Passepartout, deren räumliche Enge die Vielfalt des Möglichen unterstreicht. Manche Künstler bringen Dinge, symbolische Artefakte ihres Schaffens mit. Eine Zigarette zum Beispiel, einen Hundert-Mark-Schein oder eine Dose Rasiercreme. Andere dagegen atmen gegen das Glas, wie ein gehetztes Tier. Mal verwandelt sich die Vitrine in ein Aquarium, eine Wiese oder einen Toilettenspiegel. Ein andermal wird die Vitrine selbst zur Reflexion eines Künstlers, der sich kaum zeigt. Mösts Intention, mit dem Vorgefertigten und Seriellen zu spielen, wird in der Ausstellung Vitrinengäste zum Diktum erhoben. Hier die Vitrine als immer gleiche Bühne, dort die facettenreiche Umwandlung des gläsernen Raums in ausgestelltes Leben.Die einfache Glasvitrine erlaubt es - so die Hoffnung des Fotografen - zum Gestalten, Betrachten, Erleben und Reflektieren zurückzukehren. Er kritisiert den Anpassungszwang vieler Künstler an die Eventkultur, die Kreativität als Ware denunziert, in dem er Künstlern die Freiheit zur Selbsterfindung gibt.
 
Text von Bastian Bretthauer